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" ... sie haben versucht, meine Existenz
zu zerstören, Homo homini lupus
... von Märchen aus alten Zeiten! |
Das EHEHALTEN - von Dienstherren und deren Dienstboten
Die alte Bezeichnung EHEHALTEN
für die im Dienst stehenden Mitarbeiter bedeutet, dass die Dienstboten
einst in einer engen Bindung
zu ihren Brotherren standen, was einem heutigen Arbeitsvertrag gleich kam.
Knechte und Mägde zählten zum erweiterten Familienkreis der Dienstherren!
Alle saßen besonders im Winter am
Feierabend in der warmen Stube des Hauses.
Wo der Dienstherr etwas auf seine Dienstboten
hielt, teilten sie an seinem Tisch die meisten Mahlzeiten, aber auch das festliche
Mahl zu besonderen Anlässen..
Mitsorgende Ehehalter sagten sogar "unser Besitz", "unsere
Ernte" oder gar "unsere Kinder"!
Gerade die Kinder des Hauses hingen an guten Dienstboten wie an Vater und
Mutter.
Durch das gute Ehehalten versahen die Knechte und Mägde ihren Dienst
in Treue und Anhänglichkeit.
Auch wussten sie, dass im Krankheitsfall, im Alter und bei Gebrechen immer
Platz durch die Fürsorge der Dienstherren war.
Insgesamt herrschte durch das gute Miteinander und die enge Bindung eine angenehme
Atmosphäre, was sich stets im wirtschaftlichen Erfolge widerspiegelte.
Was wir heute ein gutes Arbeitsklima nennen führte letztlich insgesamt
zum wirtschaftlichen Erfolg.
Hartherzige,
geizige Brotherren pflegten ein raues, unbarmherziges Klima.
Ein kranker Knecht wurde kurzerhand entlassen, eine schwangere Magd vom Hof
geschickt.
Natürlich kam unter solchen Dienstherren kein gutes Miteinander zustande,
was sich natürlich auch im allgemeinen Leistungsvermögen widerspiegelte.
Durch das schlechte Arbeitsklima schmälerte sich auch stets das wirtschaftliche
Endergebnis.
...und von Märchen aus neuen Zeiten!
Die Bremer Stadtmusikanten der Neuzeit
oder wie ich meinen Job verlor
Vorwort
Im dreiunddreißigsten Arbeitsjahr ( 01.03.1968 - 28.02.2001 ) erfolgreicher
Zusammenarbeit wurde ich
von der CSG Erfurt wegen Geringfügigkeiten mit dreiundfünfzig Altersjahren
fristlos entlassen!
In einer Stressituation hatte ich mich gegenüber einem Kollegen im Ton
vergriffen, war verbal entgleist.
Auch er war gegen mich; sah mich als Fremdkörper, der
entfernt werden muß.
Elegant wurde ich durch Mobbing wie Müll entsorgt.
Wie ein alter Hund wurde ich vor die Tür gesetzt.
Die Firma CSG Erfurt, die ich noch als junger Mann zusammen mit meinen Kollegen
in die Marktwirtschaft geführt hatte,
gab mir den Genickschuß gnadenlos und ohne Respekt vor dem reifen, engagierten
Mitarbeiter Günter Wolf.
Den fälligen Arbeitsprozeß gewann ich natürlich,
da die genannten Gründen an den Haaren herbeigezogen,
haltlos waren,und ich bekam eine Abfindung von 90.000,- DM.
All meinen Kunden und der Wirtschaft ging ich jedoch als erfahrener Mitarbeiter
verloren.
Endlos ist der Leistungskatalog, der in Kraft treten mußte, hohe Kosten
verursachte und noch heute verursacht.
Dabei ist natürlich die Person Günter Wolf als Mensch untergegangen,
denn drei Jahrzehnte Arbeit mit Engagement,
Erfolg und Liebe sitzen tief in den Gliedern.
Die Enttäuschung ist groß!
Meine frei erfunden Geschichte "Die
Bremer Stadtmusikanten der Neuzeit" soll Kampf gegen Mobbing
und Gegeneinander am Arbeitsplatz und im Leben allgemein sein.
Meine persönlich erlebte Geschichte in der CSG Erfurt scheint dabei als
Bühne des Lebens geeignet.
Das Miteinander kann helfen, tiefe Wunden und Ungerechtigkeiten zu vermeiden.
Und der wirtschaftliche Erfolg bleibt insgesamt nicht aus.
Emotionen sollten stets hinter einer Objektivität stehen, nicht das Geschehen
bestimmen.
Der Weg ist steinig, aber zu bewältigen. Gehen wir diesen Weg an!
Günter
Wolf
...Mobbing
kann jeden treffen!
Besonders die IT-Branche mit ihren jungen Unternehmen bildet einen guten Nährboden,
da das Führungspersonal oft unerfahren und die Organisation noch nicht
stabil ist. Eine Firma kann vieles tun, um Mobbing im Vorfeld zu verhindern,
existiert jedoch bereits der Konflikt, können sich die Betroffenen nur
selten erfolgreich wehren.
Seit dem 1. August 2002 haben Beschäftigte mehr Rechte, um gegen Mobbing
vorzugehen.
Sie können erstmals Schmerzensgeld vom Arbeitgeber verlangen, wenn dieser
nicht alles unternimmt, um in seinem Betrieb Gesundheitsverletzungen durch Mobbing
oder sexuelle Belästigungen zu verhindern.
Damit wird der Druck auf Arbeitgeber erhöht, Mobbing am Arbeitsplatz
zu verhindern, sagt Ulrike Mascher,
Parlamentarische Staatssekretärin im Arbeitsministerium.
Die Folgen:
69% der Mitarbeiter fühlen sich ihrem Unternehmen gegenüber nicht
mehr besonders verpflichtet,
16 % haben sich bereits "innerlich verabschiedet". Der gesamtwirtschaftlichen
Schaden, der sich aus schwacher Mitarbeiterbindung, hohen Fehlzeiten und niedriger
Produktivität ergibt, ist enorm
- geschätzte 220 Milliarden Euro jährlich. Die Rechtslage ist unklar.
Auch wenn in Deutschland seit August ein Schmerzensgeldanspruch für Gemobbte
gegen ihren Arbeitgeber besteht,
ist der Vorwurf "Mobbing nur schwer nachzuweisen...
Und so sieht die Praxis aus! Packen wir´s an ...
Das Ergebnis der letzten Umfrage Mobbing am Arbeitsplatz
* 45% wurde / werde gemobbt von Arbeitskollegen
* 35% werde von meinem Chef gemobbt
* 21% mobbt selbst
Nicht der Konflikt ist das Malheur, sondern
die Unfähigkeit eines Menschen/ Leiters oder einer Organisation, ihn zu
regeln.
Die Sprachlosigkeit und Verständnislosigkeit unter Kollegen oder in der
Beziehung von Mitarbeitern und Chefs führt zu Konflikt, Resignation, innerer
Kündigung.
Verhandlungen in Gremien und Meetings werden zu Machtkämpfen.
Das führt dazu, dass Ergebnisse und Leistungen nur unter wirtschaftlichem
und psychischem Mehraufwand zustande kommen, was wiederum das Unternehmensergebnis
negativ beeinflusst, selbst die ganze Wirtschaft unnötig belastet.
So normal
Konflikte im sozialen Leben sind, so wichtig ist es aber auch Klärungskompetenz
zu besitzen,
um Konflikte in beiderseitiger Übereinkunft zu regeln. Vor allem nach einer langen Phase einer erfolgreichen Zusammenarbeit! |
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Der Algorithmus in der
Übersicht
( das magische Dreieck am Arbeitsplatz )
Sachebene
Fachwissen ![]() |
Führungs- bzw.
Klärungskompetenz
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Klärungskompetenz/ Sozialkompetenz ( auch emotionale Intelligenz bzw. Softskill genannt ) Der Manager/ Das Unternehmen/ Das Gremium Das Team |
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Meine Philosophie...
Der Erfolg einer Systemintegration liegt nicht
nur vordergründig in der Leistungsstärke von Hard- und Software.
Wesentlich sollte in immaterielle, menschliche Werte investiert werden, also
in Erfahrung, Kompetenz, Fleiß, Motivation, Intelligenz und Kreativität.
Das Geheimnis des Erfolges ist die Qualifikation und das Engagement der Mitarbeiter
einer Firma!
wie andere das sehen...
von Helga Salfer
Der Boss
Als der Körper erschaffen wurde, wollten alle Körperteile BOSS werden.
Das Gehirn sprach: Da ich alle Teile kontrolliere und für sie
denke, muss ich BOSS werden.
Die Beine sagten: Da wir den Menschen dorthin tragen, wo er hin will
und das ausführen, was das Gehirn ihm eingibt, sollten wir BOSS sein.
Die Augen meinten: Da wir auf euch acht geben und euch warnen, wenn
Gefahr droht, müssten wir BOSS werden.
Und es meldeten sich das Herz und die Lunge. Schließlich verlangte das
Arschloch, dass man es zum BOSS mache.
Alle Körperteile lachten und lachten. Sie fanden es einfach absurd, ein
Arschloch zum BOSS zu haben.
Hierüber wurde das Arschloch sehr wütend und schloss sich zu.
Es schmollte und weigerte sich zu funktionieren.
Daraufhin wurde das Gehirn fiebrig, die Augen schielten und schmerzten, die
Beine wurden schwach und die Hände hingen schlaff herunter.
Sogar das Herz und die Lunge hatten Mühe, weiter zu arbeiten.
Schließlich wandten sich alle flehentlich an das Gehirn, mit der Bitte,
doch das Arschloch zum BOSS zu machen.
Und so kam es, dass alle anderen die Arbeit verrichteten und das Arschloch einfach
BOSS spielte und nur eine Menge Scheiße von sich gab.
Die Moral:
Um BOSS zu werden, braucht man kein Genie zu sein, sondern schlicht und einfach nur ein Arschloch . |
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So ist es nun einmal!
... nicht alles was zwei Backen hat, ist ein Gesicht
Leider gibt es davon viel
zu viele in Deutschland!
Jacques L.
Der Manager und sein Team...
" Führungsstil ist, wenn der Manager seine Mitarbeiter so über den Tisch zieht, dass diese die dabei entstehende Reibungswärme als Nestwärme empfinden!" Referenz Dr. G.F. Hess Supervisor
... und nun die phantastische Story:
Die Bremer Stadtmusikanten der Neuzeit
oder wie ich meinen Job verlor
" Das Schönste an einer Freundschaft ist nicht die
ausgestreckte Hand,
das freundliche Lächeln oder der menschliche Kontakt,
sondern das erhebende Gefühl, jemand zu haben,
der an einen glaubt und sein Vertrauen schenkt!"
Ralph Waldo Emerson
© copyright by Jacques Lupus
( Zufällige Übereinstimmungen mit dem wahren Leben wären rein zufällig!)
Meine Großmutter kam aus einem kleinen Ort im Thüringischen. Sie
war bereits als junges Mädchen in unserem Heimatort gestrandet, hatte meinen
Großvater geheiratet und für reichlichen Familiennachwuchs gesorgt.
Mein Vater hatte schließlich die kleine Wirtschaft übernommen, als
er meine Mutter kennen lernte und mich in diese Welt setzte. Die Großeltern
gingen in ihr wohl verdientes Altenteil.
Da war ich nun! Der willkommene Stammhalter. Selbst in der Nachbarschaft wurde
ich stets und immer vorgezogen. Besonders in den Tagen des Jahreswechsels profitierte
ich davon, ein Mann zu sein.
" Zum Neujahrstag muß als erster ein Mann die Schwelle des Hauses
betreten! Das bringt Glück" , belehrte mich meine Großmutter,
und ich hörte ihren Ausführungen geduldig zu, denn es gab genug Neues
kennen zu lernen in meinem jungen Leben.
Einmal durfte ich schon in der Sylvesternacht zu den Nachbarn gehen. Freunde
hatten sich hier versammelt und das ausklingende Jahr lustig und gesellig verabschiedet.
Bereits kurz nach Mitternacht, die Turmglocken hatten das neue Jahr laut verkündet,
stand ich auf der Schwelle des Hauses der Familie Heyne und gratulierte zum
Neuen Jahr!
Welch eine Seligkeit stellte sich ein, welches Glück war verkündet.
" Ein Mann zum Neujahrstag auf unserer Schwelle!" verkündete
die schnodderige Nachbarsfrau. " Wenn das kein Glück bringen soll."
Meine Geldbörse füllte sich zusehends. Alle freuten sich über
das nahe Glück, das da im neuen Jahr kommen würde, und ich zählte
zu Hause angekommen fleißig die Markstücken.
Am Neujahrsmorgen gab es sofort Streit mit der Schwester. Sie war noch zu klein,
um diesen Aberglauben der Menschen zu verstehen. Die Mutter mußte eingreifen!
Als der Profit gegen meinen Willen geteilt war, setzte wieder die Ruhe und Gemütlichkeit
in der Familie ein.
Die Großmutter nahm eines ihrer vielen Bücher zur Hand und begann
daraus vorzulesen.
Wie viele Sagen hatte sie schon von den Niebelungen vorgetragen. Immer wieder
wartete ich auf die Stelle, wo der kühnen Siegfried durch Verrat sterben
mußte. Verrat, der eigentlich Dummheit war, denn nur seine liebe Frau
kannte die Stelle, an der er verwundbar war.
Aus Sorge hatte sie es aber doch weiter gesagt und anderen anvertraut, und es
fand sich ein Verräter, der seine Lanze tief in Siegfried grub und ihn
für immer in das Jenseits verbannte.
Es waren Sagen, die vor langen Jahrhunderten vielleicht stattgefunden hatten,
oder vielleicht auch nicht? Wenn von uns zu viele Fragen kamen, die Großmutter
nicht beantworten wollte oder konnte, schweifte sie ab zu einem anderen Thema.
Sie holte ihr altes Lesebuch aus der Schulzeit herbei und begann eines der Märchen
daraus vorzutragen. Besonders meine Schwester mochte die Märchen sehr,
denn sie gingen immer gut aus am Ende!
Auch ich hörte die Märchen ganz gerne, und noch heute nehme ich als
inzwischen Großvater zweier Enkelkinder ein Märchenbuch zur Hand
und führe diese wunderbare Familientradition meiner Großmutter fort.
Eines ihrer Lieblingsmärchen war das Märchen von den
Bremer Stadtmusikanten.
Meine Tante Melanie war durch die Kriegswirren und viele Feldpostbriefe zu ihrem
Mann Georg gekommen, der aus Rekum in dem Norddeutschen stammte.
Die Rekumer
Mühle
Stolz zeigte mir der Onkel die alte Rekumer Windmühle, die ich, als ich
im Jahr 1987 das erste mal in Bremen weilte, natürlich sofort besuchte
und fotografierte. In liebevoller Kleinarbeit hatten die Besitzer die alte Mühle
vor dem Verfall bewahrt. Das Land Niedersdachsen unterstützt zwar finanziell,
aber die Hauptlast liegt schon auf der Familie. Viele Stunden Freizeit werden
geopfert und viel Geschick und Arbeit haben hier die Heimwerker eingebracht.
Im Norden Bremens wurde in den fünfziger Jahren viel gebaut. Kurzerhand
hatte der Onkel hier den Verwandten günstig ein Grundstück abgekauft
und mit Freundeshilfe ein kleines Haus aufgebaut, das ihm und seiner kleinen
Familie Heimstatt und Kleinod wurde. Als ich zum ersten Mal, bereits als Familienvater,
Richtung Bremen fuhr, war die Freude des Wiedersehens groß, denn ich hatte
den Onkel, der sehr streng war, ganze siebenunddreißig Jahre nicht gesehen.
Tief hinunter beugte ich mich stets und immer zum Diener, wenn ich ihm als Kind
begegnete. Als erwachsene Männer trafen wir uns wieder und auch diesmal
machte ich eine Verbeugung zur Begrüßung.
Deutschland war im Jahr 1987 noch in zwei Hälften geteilt. Meine Tante
Melanie war für meinen Vater, ihren Bruder, und uns in Thüringen Zurückgebliebenen
zur Ausländerin geworden. Es gab sofort viel zum Erzählen und natürlich
führte mich ein Ausflug auf den Rathausplatz zu Bremen, wo ich den Roland
begrüßte, das Deutsche Haus mit dem sinnigen Spruch - Gedenke
der Deutschen, die das Schicksal unserer Trennung tragen - und das Denkmal
der Bremer Stadtmusikanten in Bronze gegossen steht. Der Esel, den der Bauer
vom Hofe trieb, weil er keine Säcke mehr tragen konnte, der Hund, weil
er keine Zähne mehr hatte, die Katze, weil sie der Bäuerin zu widerspenstig
war und der Hahn, der Tag für Tag stolz gekräht hatte, bis auch er
den Stock zu spüren bekam, weil ein junger Nebenbuhler ihn auf dem Hühnerhof
abgelöst hatte.
Vereint standen sie übereinander gereiht, so wie es die Großmutter
oft vorgelesen hatte, in dem Moment, als sie zusammen die Räuber aus dem
Hause vertrieben hatten, und sie es sich für alle Zeiten in deren Unterschlupf
gemütlich machten.
Also war das Märchen doch war, oder nicht? Ich schmunzelte über mich
selbst, als ich da so mit ganzen vierzig Jahren stand und von uns allen ein
Erinnerungsfoto schoß! War ich nun erwachsen,
oder war ich immer noch der kleine verträumte Junge, der nahe der Großmutter
saß und ihren Ausführungen lauschte.
Die Großmutter lebte schon lange nicht mehr, aber die Erinnerung an sie
ist lebendig und angenehm. Ich habe ihr ein kleines Gedicht zur ewigen Erinnerung
an sie geschrieben.
Der Schlaf Großmutter Helene hatte so ihre Noch heute habe ich |
"Das stimmt," bestätigte Tante Melanie, die der Großmutter
am ähnlichsten schien. " Ein Telegramm bitte!" rief der Postbote zu uns herauf. |
- Dein Vater liegt auf der Intensivstation im Krankenhaus Sömmerda - sein Gesundheitszustand ist sehr kritisch- ist die kurze aber präzise Information des Schreibens.
Natürlich besuchten wir ihn sofort!
Seine Kraft mit uns zu sprechen ist aber schon nicht mehr vorhanden. Ich halte
ein letztes Mal seine Hand. In der kommenden Nacht versagte sein schwaches Herz
für immer!
Wir hatten das historische Jahr 1989.
In Berlin standen im November die Menschen auf der berühmten Berliner
Mauer, die ganze vierzig Jahre ein Volk trennte und Grenze zwischen zwei Weltsystemen
war. Der berühmte Eiserne Vorhang fiel in tausend Stücke.
Plötzlich umarmten sich wildfremde Menschen und lachten und weinten zusammen.
Die Ereignisse überschlugen sich! Innerhalb eines Jahres vereinte sich
das getrennte Deutschland, und besonders für uns Ostdeutsche veränderte
sich alles wesentlich, politisch und ökonomisch.
Bald mußten wir aber erkennen, daß die Trauben im vereinten Deutschland
besonders für uns Ostdeutsche sehr hoch hingen! Die beliebte DM kam, und
sie wurde für viele unerreichbar. Für die einen gleich, für die
anderen später. Außerdem mußten viele die bittere Weisheit
erfahren, daß die D Mark auch nur Geld ist.
Aber vorerst wurden Märchen war! Märchen des Reisen, Märchen
von dem lang ersehnten neuen Auto, aber auch Märchen vom Bösen und
Gutem.
Meine Frau und ich paßten uns umgehend an. Die neuen wirtschaftlichen Bedingungen kosten viel Kraft und verlangten uns alles ab. In einem renommierten Schuhshop nahm Marion die Position einer Filialleiterin ein und arbeitete fleißig von früh bis spät. Auch an den Wochenenden! Das Familienleben fand manchmal in Form von Briefeschreiben statt. Marion machte aber ihre Arbeit gern und genoß das kleine Glück, die Chefin von fünf Verkäuferinnen zu sein.
Der Wirtschaftsboom auf Dauer blieb jedoch aus, und nach acht Jahren kam trotz
aufopferungsvoller Arbeit das Unausbleibliche.
Die Schuhkette schloß ihre Filialen für immer und löste das
Unternehmen auf wegen mangelnder Umsätze. Wirtschaftlicher Ruin oder kurz
Konkurs!
"Das Insolvenzverfahren wurde eingeleitet!" stand auf einem Schreiben
des zuständigen Rechtsanwaltes.
Wieder ein Begriff mehr, den wir lernen mußten.
Unglücklich ging Marion den Weg zum Arbeitsamt! Das erste mal in ihrem
Leben wurde sie nicht mehr gebraucht.
Die Familie hatte sich in den Jahren verändert. Die Kinder waren erwachsen
und gingen ihre eigenen Wege. Lange Jahre aufopferungsreiche Arbeit im Betrieb
und zu Hause hatten ein Ende gefunden.
Wie oft hört man der Slogan von 0 auf 100! Aber von 100 auf 0 zu bremsen
geht nicht problemlos.
Ich sah das locker und versuchte sie zu trösten, aber von 100 auf 0 bremst
selbst ein normales Auto nicht ohne Folgen. Marion fühlte sich zerstört,
und die Unzufriedenheit stand ihr ins Gesicht geschrieben.
In einem Serviceunternehmen der PC Service AG fand ich die Nische! Mit viel
Engagement und fast völliger Hingabe führte ich meine Außendiensttätigkeit
fort.
Die alte Technik gab es nicht mehr.
Meinen ersten Geldautomaten reparierte ich zu einer Zeit, wo ich selbst noch
keine Geldkarte besaß und den trivialen Vorgang des Geldabhebens nicht
einmal kannte. Aber die Reparatur gelang! Ein freundliches Händeschütteln
folgte und der Durchbruch war geschafft.
Gott sei Dank gab es Freunde, die den nötigen Ausgleich schafften. Da waren
Kollegen aus Augustusburg, Frankfurt und Bodenseedorf, die mit einem freundlichen
Lächeln und Charme selbstbewußt ans Werk gingen.
Sie halfen und vermittelten nötiges Wissen. Im Nu begriff ich Zusammenhänge,
wo ich früher Tage gebraucht hatte, um all das neue Know-how begreifen
zu können.
Viele Abendstunden verbrachte ich mit Dokumenten und dem Begreifen der Zusammenhänge.
Viele Märkte installierte ich und fand dabei Freunde und Anerkennung.
In all den Berufsjahren seit Ende meiner Studienzeit in Dresden hatte ich mit
Höhen und Tiefen gelebt.
Ein alter Freund aus Melchendorf sagte einmal : " Ich bin im dritten Unternehmen,
habe garantiert den fünften Chef , aber immer noch den gleichen Spinnt
! "
Mir ging es ähnlich; selbst in das wiedervereinte Deutschland hinein. Obwohl
ich nicht die Neigung hatte, die Unternehmen wie die Unterhosen zu wechseln,
änderten sich um mich herum doch hin und wieder die Strukturen. Meine Berufslaufbahn
begann im Sommer 1970 beim
VEB Robert-Horn-Vertrieb Gering, änderte sich auf eigenen Wunsch auf
VEB Robert-Horn-Vertrieb Behren, wurde umstrukturiert auf
VEB Robert-Horn-Vertrieb Großleeren NL Behren und später wieder zurück
auf
VEB Robert-Horn-Vertrieb Behren und in der Zeit der Wende in Deutschland Ende
der achtziger Jahre auf Datencommunikationstechnik GmbH Behren.
Mein erstes Unternehmen der freien Marktwirtschaft !
Gearbeitet hatte ich stets in Behren, dabei hatte ich insgesamt sieben Vorgesetzte,
wovon natürlich einige schon sympathisch waren.
Es gab aber auch recht unsympathische Chefs.
Als ich dann in der Wirren der friedlichen Revolution in Deutschland die Gesetze
der Marktwirtschaft kennen lernte, hatte ich das Vergnügen nacheinander
alte Leitungskader aus der DDR Zeit als Vorgesetzte kennen zu lernen, die eine
ganze Wirtschaft in Schutt und Asche gefahren hatten und nun endlich das aufholen
wollten, was sie jahrelang beim Aufbau des Sozialismus nicht geschafft hatten,
und endlich wurde mir klar, was in den Zeiten des Sozialismus versäumt
worden war. Immer wieder hatten es ehemalige Bonzen der SED geschafft, sich
völlig unfähig, besonders bei der Personalarbeit, in entsprechende
Positionen vorzuarbeiten, mit einem recht ekelhaften Nachgeschmack des Hauches
der DDR- Zeit! Diese Leute waren plötzlich unter neuen Bedingungen der
Marktwirtschhaft wieder meine Vorgesetzten und alle symphatischen Chefs von
einst waren auf der Strecke geblieben. Thomas Mann hat in seinem Roman - Der
Untertan - diesen Typ Mensch
ein ewiges Denkmal gesetzt. Sollte es wirklich wieder so sein, daß dieser
Typ des Arschkriechens nach oben und Treters nach unten die Oberhand haben sollte.
Wie konnte das geschehen? Waren diese Zeiten nicht endgültig vorbei! Wo
waren die Erkenntnisse der Jahrhunderte geblieben?
Inzwischen hatte die PC Service AG das Serviceunternehmen Techknowline GmbH
in Gehring gegründet!
Ich war als Servicetechniker für Datenendplätze bzw. Workstation eingestellt.
Es entsprach nicht unbedingt meiner Qualifikation, aber mit 2000 DM brutto verdiente
ich Geld und brauchte nicht auf dem Arbeitsamt zu betteln, wie viele meiner
ehemaligen Mitarbeiter.
Gegen die Altfunktionäre und Wendehälse hatte ich eine rießige
Abneigung. Wenn sie in früheren Zeiten von der Mutter Partei sprachen,
so sprachen sie jetzt im wiedervereinten Deutschland von der Mutter Westdeutschland.
Ein solcher Altfunktionär aus der Sachsenmetropole Leipzig hatte mir einmal eine Abnahnung verpasst mit folgendem Wortlaut:
"Sie haben die Haupttugenden und das Wohlwollen unserer Mutter, der PC Service AG, völlig falsch verstanden...
und ihre Chancen nicht genutzt. Dafür erhalten sie eine Abmahnung!"
Früher zu DDR Zeiten hätte er den Text wie folgt kreiert:
"Sie haben die Haupttugenden und das Wohlwollen unserer Mutter, der Partei der SED der DDR, völlig falsch ...etc."
Noch heute weiß ich nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll.
Ob sie nun in den Vorgängen das Pferd sahen, das den Karren zieht, oder
die Kuh, die gemolken werden muß, wurde mir immer unklarer.
Ich befürchtete fast, daß sie auch noch den räudigen Wolf erschlagen
wollten, der ihnen vier Jahrzehnte auf den Versen gefolgt war!
Hatten sie immer noch Angst vor dem Kapital, das stets auf der Seite der Starken
steht? Es fiel mir schwer, ihnen gedanklich zu folgen.
Meine Probleme wuchsen täglich, mein Selbstbewußtsein sank zusehends.
Die Gefahr eines psychischen und physischen Kollapses wurde immer stärker,
da eine ständige Überforderung vorhanden war.
Was tun im Alter um die Fünfzig ? Einfach aufhören mit der Arbeit
und alles aufgeben !
Also - irgendwie weiter wursteln, auf bessere Zeiten hoffend.
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Meinen Jahresurlaub hatte ich das erste Mal in Griechenland verbracht.
Als Mann mit einem Diplom in der Tasche hatte ich nach wie vor wenig
Spaß bei meiner Arbeit. Eine wirklich qualitätsgerechte Arbeit für einen Diplomingenieur. |
Aus betriebsinternen Gründen verlagerte sich das Materiallager in die
Arnheimer Straße 45, dem Sitz der PC Service AG NL Behren .
Hier hatte das Sagen ein erfahrener Manager der PC Service AG, der aus Arnheim
kommend, seine Fähigkeiten Jahrzehnte unter Beweis gestellt hatte.
Aus der Technik kommend hatte er sich von unten zum Manager hoch gearbeitet
unter realen Bedingungen der Marktwirtschaft!
Im reifen Alter war er im Begriff die letzten Berufsjahre zu genießen, und mit seinem Spruch
" Now is the right time to have a little communication about all the real problems in our team! "
demonstrierte er Gelassenheit und brachte Ruhe ins Team. Sein
Englisch war gut. Auch hier lernte ich viel von ihm.
Bei ihm hatte jeder seine Position; angefangen vom Superspezialisten bis herunter
zur Frau der Kantine, die für unser leibliches Wohl sorgte.
Immer das freundliche
" Guten Morgen ! " auf den Lippen, immer das vereinende
" Bitteschön " im Gepäck, immer genug Aufmerksamkeit für
jedermann der Etage. Endlich hatte ich wieder einen symphatischen, fähigen
Chef.
" Ich bitte darum", wurde er auch energisch, wenn nicht gleich alles
recht war.
Nun hatte ich wie gesagt den Job der Lagerleitung. Die Verantwortung war groß,
die Gefahr Richtiges und Falsches zu verwechseln , war stets gegeben,
und ich begann mich gegen meine Umwelt abzuschirmen. Natürlich gab es wieder
genug Möglichkeiten genau das Falsche zu tun. Wieder wurde es brenzlig!
" Wenn von irgendeinem Baum in Behren ein Ast abfällt,
verständigen wir nicht gleich den Bürgermeister der Stadt
Behren ! "
und ich hatte seine Worte begriffen. Mein Chef stand auf meiner Seite.
Das neue gute Gefühl gab mir Selbstvertrauen. Endlich war ich wieder ich
selbst ! Mit viel Fleiß versuchte ich alles top zu erledigen. Gemeinsam
wurden die Fehler korrigiert.
Inzwischen hatte auch mein neuer Personalchef meines Serviceunternehmens Vertrauen
zu meiner Person gefunden und holte mich in den technischen Außendienst
zurück. Mit Engagement arbeitete ich noch einige Jahre in technischen Außendienst
des Unternehmens. Zwar mit den üblichen Hochs und Tiefs, aber mit der nötigen,
erholsamen Ausgeglichenheit und dem wichtigen Erfolg bei der Arbeit, der Herz
und Seele straft.
Inzwischen hatte ich das fünfzigste Lebensjahr vollendet. Im Innendienst
wurde eine Arbeitsstelle frei, und ich nutzte die gute Gelegenheit, mich würdig
vom Außendienst zu verabschieden.
Nun brachte ich meine Erfahrung als technischer Support in einer neuen Struktur
des Unternehmens ein.
Achtundzwanzig Jahre hatte ich schöne und schlechte Jahre erlebt, insgesamt
elf Chefs erlebt und dabei den gleichen Spinnt benutzt.
Was aber nie mein richtiger Chef in dem Sinne war, stufe ich ein als meinen
besten Vorgesetzten all dieser Jahre. Er hat mich geführt im Sinne einer
guten, konstruktiven Zusammenarbeit mit Vertrauen und Verständnis und Achtung
der Person, und er baute mich auf als einen leistungsfähigen Mitarbeiter.
Inzwischen sind wir Freunde geworden ! Jede Gelegenheit diese Freundschaft zu
pflegen werde ich stets mit Würde nutzen.
Die Zeit schritt aber mit Riessen Schritten voran, und da keine Minute frei war in den Spiegel zu schauen, merkte ich gar nicht, daß ich graue Haare bekommen hatte. Meine Tochter schenkte mir in Folge zwei Enkelkinder. Oft kommen sie zum Wochenendurlaub auf unseren Bauernhof und sorgten für viel Abwechselung im Hause.
Mein linkes Hüftgelenk begann zu streiken. Der Schmerz der Coxarthrose
war manchmal nicht zu ertragen.
" Sie kommen an wie Charlie Chaplin!" sagte eine Kundin zu mir; und
ich traf eine weitere wichtige Entscheidung in meinem Leben.
Ich verließ mit einem weinenden und lachenden Auge den technischen Außendienst,
wo ich ganze achtundzwanzig Jahre gefrönt hatte.
Im Firstlevelsupport für Bürosysteme begrüßte ich meine
neuen Kollegen! Sie waren alle ausnahmslos im Alter meiner Söhne.
"Na toll!" dachte ich mir. " Es ist schön, junge Menschen
um sich herum zu haben."
Woche für Woche verging und meine Arbeit war weiterhin sehr interessant.
Telefonate mit Kunden, mit befreundeten Supportunternehmen in Nassau oder sogar
Südwales lockerten die Atmosphäre angenehm auf.
Wie gern ich am Arbeitsplatz saß und all die neuen Zusammenhänge
begriff.
Da war aber eine Unruhe um mich herum, die ich nicht verstand. Generationsunterschiede
trennten mich von meinen jüngeren Kollegen.
Ohne es zu wollen, schloß ich mich aus und ging meine eigenen Wege. Oder
ich wurde ausgeschlossen?
Eine Frage, die unbeantwortet im Raum stehen blieb und mein Leben entscheidend
bestimmen sollte.
Die Coxarthrose nahm mich völlig gefangen. Der Schmerz blieb Tag und Nacht
existent. Anfang des neuen Jahres war es dann soweit. Ich lag mit vier Leidensgenossen
in der Klinik.
Die Situation habe ich mit folgender kleinen Geschichte einfangen, die ich hier
darstellen möchte. Ich nannte die Geschichte:
Manfred Legde legte kein Ei oder : Manche mögen's weiß!
Zusammen mit drei Leidensgenossen verbrachte ich im Januar 1999 gute zwei Wochen
in der Orthopädischen Klinik in Behren. Meine Coxarthrose,
die mich ganze zehn Jahre geplagt hatte und noch plagte, wollte ich nun endlich
los werden und mich schmerzfrei den schönen Seiten unseres Lebens zuwenden.
Der Wintermonat wollte wohl eher ein Frühlingsmonat sein. Mein Bett, das
mich fesselte, stand direkt am Fenster, und die Sonnenstrahlen taten mir besonders
nach erfolgter Operation gut. Wieder einmal durfte ich die wohltuende Wirkung
des Lichtes auf den menschlichen Körper erfahren.
Im Leben setzt stets und immer eine Besonderheit ein:
Als ich Soldat war, sah ich nur Soldaten und Offiziere um mich herum. als ich
Student war bestand die Welt nur aus Schülern und Dozenten, und jetzt in
der Klinik war ich Patient unter Patienten, Schwestern und Ärzten.
" Ihre Chipkarte bitte! " wurde ich begrüßt, und nach einigen
Fragen nach Adresse, Alter, Beruf etc. war ich im Klinikum aufgenommen.
Mein neues Zuhause war Station II Zimmer 214.
Zusammen mit Manfred ( rechtes Hüftgelenk ), Gordon ( Bandscheibenvorfall
) und Heinz ( rechtes Knie ) verbrachte ich die nächsten Tage und Nächte.
Das Zimmer war recht modern eingerichtet, die Malerzunft hatte gerade mit frischer
Farbe ein gutes Outfit geschaffen. Ein Telefonanbieter hatte dafür gesorgt,
daß die Marktwirtschaft im Klinikum Einzug gehalten hatte. Mit 25 Pf Einheitspreis
und 3,50 DM Standgebühr täglich konnte man mit der Außenwelt
kommunizieren und sogar umsonst alle Fernsehprogramme zu schalten. Eine recht
gute Lösung meine ich, wenn auch die 3,50 DM Standgebühr recht hoch
angesetzt war! Aber die Lösung wart angenommen.
Außerdem basierte alles auf freiwilliger Basis, wenn auch die Beauftragte
ihr Handwerk verstand und mit Überzeugungskraft Umsatz machte.
Manfred als Rentner unserer Republik trägt in seiner Freizeit Zeitungen
und Werbung aus und konnte ähnlich meiner Problematik auch den Schmerz
der Arthrose nicht mehr ertragen. Ein aus meiner Sicht schlechter Orthopäde
hatte ihn allzu lange hinaus getröstet und dafür gesorgt, daß
seine Körperhaltung ähnlich einem halb aufgeklappten Taschenmessers
glich. Der Operation des rechten Hüftgelenkes würde bald der des linken
folgen. Erst dann würde er wieder die Chance des aufrechten Ganges genießen
können und nicht vergleichbar eines Schimpansen durch unsere schöne
Welt gehen.
Heinz, ebenfalls Rentner, hatte nach schweren, langen Arbeitsjahren eines Flügelsteigers
im Kupferbergbau generelle Probleme des rechten unteren Bewegungsapparates.
Schmerzen, beginnend im vierten, fünften Lendenwirbel, über das rechte
Hüftgelenk ziehend bis zum rechten Knie plagten ihn, daß manchmal
sogar die Tränen rollten. Die Orthopädie schafft auch hier Lösungen
und bringt zumindest Linderung, welch ein Glück für Heinz!
Da fällt mir ein Zitat von Erwin Strittmatter ein:" Welch ein Glück,
daß ich kein Glück brauche!"
Gordon als Benjamin unserer Runde, plagt ein Wirbelsäulenleiden. Ich lernte
ihn kennen, als er fast schon hilflos an das Bett gefesselt lag. Nicht sitzen!
Wenn schon, dann stehend frühstücken. Er war trotz seines schweren
Leidens vital und lebenslustig. Die große Macht der
Zeit und natürlich die Hoffnung auf Genesung würde ihn wieder auf
den Weg des gesunden Lebens zurück führen.
So vergingen die ersten Stunden, der erste Tag, die erste Nacht. Das Personal
stellte sich fachmännisch kompetent seiner Arbeit, nett und aufmerksam.
Das harte Geschäft des Krankendienstes hinterläßt natürlich
seine Spuren. Da gibt es schon einmal eine glasklare Aussage.
" Seit wann haben sie das Problem? Wir werden uns für diese Methode
entscheiden! Es kann auch Komplikationen geben. Bitte unterschreiben sie. "
Klare Gespräche mit dem Stationsarzt, der Narkoseärztin und den Chirurgen
stellte endgültig die Weichen, nachdem die Ärztekommision unter Leitung
des Chefarztes die letzte Entscheidung fällte: " Die Operation wird
am 14. Januar durchgeführt im Jahr 1999!"
Ich registriere nach drei Stunden wieder meine Umwelt." Bitte bewegen sie
ihren linken Fuß!"
Alles okay- der linke Zeh zappelt. Operation erfolgreich abgeschlossen.
Nun habe ich noch 20 Stunden Zeit restlos auf zu wachen.
Das Pflegepersonal im Aufwachraum arbeitet aufmerksam! Pfleger Dietmar stellt sich persönlich bei mir vor, hat aber das Problem, die Vene zu finden. Schließlich läuft doch das venöse Blut in die Kanüle!
" Guten Morgen Heinz, Manfred und Gordon! Hier bin ich wieder. Wie war
der letzte Tag?"
" Gewohnt langweilig; was soll in einer Klinik schon Großes passieren!"
Ich bin froh, daß alles ruhig geblieben ist, der Körper ist natürlich
matt, das linke Bein liegt fast schon reglos im Bett. Endlich absolute Ruhe.
" Wenn sie auf den Knopf drücken, komme ich und erfülle ihnen
jeden Wunsch!"
Schwester Haike hat Glück, daß mich die Ereignisse der letzten 24
Stunden doch recht stark geschwächt haben. Meine kleine Andeutung wird
aber doch als Spaß verstanden und sogar mit einem Lächeln belohnt.
Humor ist wenn man trotzdem lacht. Er sollte stets und immer ein
treuer Lebensbegleiter sein.
Auch alle Lebensgeister kehren zurück! Mit Macht stählt sich mein
Körper: Erstes Aufstehen. Wiederholung der Übung. Habe ich etwa das
Laufen verlernt? Als nächstes kommt aber schon die Treppe als unüberwindliches
Hindernis. Aber auch die erklimme ich unter Anleitung der Physiotherapeutin.
Sie vermittelt Vertrauen. Der Bewegungsapparat stabilisiert sich, und der erste
erfolgreiche Gang zur Toilette wird zum Erfolgserlebnis. Beim
genußvollen Stuhlgang fällt mir doch der Schüttelreim ein:
Am schönsten sich die Zeitung ließt am Ort wo du die Leitung ziehst!
Wie zutreffen ein Reim sein kann. Die erste Sitzung ist erfolgreich abgeschlossen,
und das Klinikleben nimmt seinen gewohnte Lauf. Inzwischen wurde Manfred auch
operiert! Ich liege schon recht gesund im Bett und sehe seiner Stabilisierung
zu.
" Da war ich auch einmal! " denke ich mir und genieße mein Wohlsein.
Vier Tage nur in der Liegestellung ist kein Zuckerschlecken. Aber was soll Gordon
da mit seiner Wirbelsäulenproblematik sagen? Also Disziplin meine Herren
und dem Leben vertrauen. Alles wird gut, wenn auch eine neue Lebensqualität
eintritt. Viele Verhaltensregeln folgen auf dem Fuße. Das Personal ist
gewohnt aufmerksam!
Obwohl recht selbständig, genieße ich inzwischen das Frühstück
im Bett. Fast schon Urlaubsstimmung kommt auf. Leben und leben lassen!
Ich genieße das gute Miteinander und die Heiterkeit im Zimmer. Heinz,
schon intellektuell, tauscht Lebenserfahrung aus und erzählt aus vergangenen
Jahren.
" Welche Sprachen sprichst du?"
"Russisch, Englisch und Französisch!?!"
"Was Französisch auch?"
" Ja - Französisch auch, es hapert aber noch mit der Sprache.
" Ein Witz mit langem Bart, aber es wird doch noch einmal gelacht!
Die Genesung läuft auf vollen Touren. In Anschluß an die stationäre
Behandlung folgt noch eine Genesungskur ; fachlich ausgedrückt: Anschlußheilbehandlung
.
In Freude auf gleiche Erfolge kommt Genugtuung auf.
Der Tag der Entlassung kommt. Mit etwas Wehmut verabschiede ich mich von Dr.
Krech und Oberarzt Dr. Hauk, von Schwester Elke und Haike, vom AZUBI Sabrina,
von den Raumpflegerinnen und der Physiotherapeutin Frau Fischer, der Freundlichkeit
in Person, und natürlich von meinen Zimmerfreunden.
Manche mögen's weiß !
Der Krankenhausaufenthalt verging wie im Fluge und die Genesungskurs folgte
auf dem Fuße.
In einem kleinen Luftkurort verbrachte ich weitere vier Wochen und erholte mich
prächtig.
Ich war im reifen Alter angekommen!
Im Leben gilt es ständig neue Erfahrungen zu sammeln. Da war die Kindheit,
die noch heute tief in meiner Erinnerung haftet mit all den schönen und
schlechten Erlebnissen. Es folgte die Jugend, die meine Gefühlswelt tüchtig
durchschüttelte und mir wesentliche Entscheidungen, wie die Berufs- und
Partnerwahl, abforderte.
Diesen Jahren folgte die Zeit der Familiengründung. Die Kinder wurden geboren,
erste liebe Menschen sagten für immer ade.
Selbst Revolutionen stellten sich ein. Genau beobachte ich meine Kinder, wie
sie schmunzeln, wenn ich stolz davon erzähle, daß ich noch mit Zwanzig
locker die Elvisbrücke schaffte. Damals waren die Haare noch so lang, daß
ich rücklings damit den Fußboden berühren konnte. Das war alles
gerade mal 30 Jahre her!
Ein ewiges Auf und Ab zeigt das Leben! Es verändert uns, wir verändern
es.
Inzwischen bin ich Großvater einer Enkeltochter und eines Enkelsohnes
in einem gesunden Familienverbund, und ich versuchte nach wie vor das Leben
zu meistern. Das gelang mir zwar im wesentlichen, aber erste Anzeichen des Alters
machten sich bemerkbar. Das volle dunkle Haar von einst war recht schütter
geworden, die Körpermaße sind nicht mehr proportional zueinander,
es zwickt vorn und hinten.
Gemeinsam mit dem Arzt war die Entscheidung gefallen. Die Hüftoperation
sollte mein zukünftiges Leben wesentlich angenehmer gestalten.
Selbst meinen schlimmsten Feinden wünsche ich nicht diese Plage der Schmerzen,
die ich leiden mußte. Jahrelang hatte ich darunter gelitten und wollte
endlich wieder Herr meiner Sinne sein.
Die Operation verlief wie bereits erwähnt problemlos, und mein Arzt empfahl
mir eine Anschlußkur in
Bad Liebenstein | ![]() |
einem wunderschönen kleinen Städtchen am
Südhang des Thüringer Waldes nahe der Wartburgstadt Eisenach.
|
Eingebettet in bewaldete Hänge wurde hier bereits im 18. Jahrhundert eine
natürliche Heilquelle entdeckt. Findige Menschen hatte die Gunst der Stunde
genutzt,
das Angenehme und Nützliche zu verbinden. Noch heute zehren viele Leute
von den Ideen ihrer Vorfahren und verdienen sich ihren Lebensunterhalt damit,
anderen Menschen zu helfen, Linderung der Leiden herbeiführend bis hin
zur Heilung.
Gesellige Abende werden durch einheimische Vereine und Clubs dazu genutzt, Land
und Leute einander näher zu bringen.
Ist es nun der Paul, der die rechte Büttenrede zum Karneval hält,
oder ist es die Marie, die zünftige Thüringer Spinnstube darstellt:
Alte Trachten werden getragen, der originale Rheinländer wird getanzt und
die Thüringer Mundart wird gesprochen.
Sie erzählt von den Menschen und ihren Leben im Thüringer Wald über
viele Jahre hinweg.
Kleine Geschichten will ich hier dem Leser nicht vorenthalten!
Eine Thüringer Familie lebte in frühen Jahren stets als Großfamilie.
Oft in vier Generationen unter einem Dach!
Das Leben der Familien war karg und oft war die Kartoffel das einzig
Eßbare im Hause. Ebenso einfach war die Kleidung der Menschen. Unter all
den vielen Unterröcken der Frauen wurde schon die so genannte Anstandshose
getragen, ein Leinengewand ähnlich einer Hose, das halblang bündig
am Knie abschloß, mit Schlitz und
Klappe zum besseren Gebrauch in Notsituationen wie der Notdurft. Es konnte aber
auch passieren, daß die Frauen diese Anstandshose aus Bequemlichkeit oder
wegen der Armut einfach wegließen. Vor allem passierte das den älteren
Frauen, also den Großmüttern!
Im Kreisstädtchen Gotha hatte ein Zirkus Stellung bezogen, und klein Fritzchen
hatte mit viel
Überzeugungskraft die Großmutter dazu gebracht, den Sparstrumpf zu
plündern. Zusammen
ging die Mutter, die Großmutter und klein Fritzchen zum Bahnhof:
" Zwei Fahrkarten und eine halbe bitte," forderte die Mutter von Fritzchen
am
Fahrkartenschalter des Bahnhofes.
" Und der Junge bezahlt aber auch schon voll!" teilte der Bahnhofsvorsteher
der Mutter mit. " Schließlich trägt dieser schon eine lange
Hose!"
" Ach ... nach den Hosen geht das?" sagte die Mutter:" Dann möchte
ich bitte eine volle und eine halbe Fahrkarte! Die Großmutter hat nämlich
gar keine Hose an."
So wurden die Abende immer kürzer, auch für uns Besucher von Bad
Liebenstein, aber ehe ich mich dem Ort selbst widme, möchte ich noch die
Geschichte vom Fuhrmann und seinem Pferd erzählen. Das Fuhrgeschäft
war eine wichtige Einkunftsquelle der Thüringer Leute.
Ähnlich den Nord- und Süddeutschen Fuhrleuten trugen sie über
ihre Kleidung den langen Fuhrmannskittel und erledigten mit ihren Gespannen
die Aufträge in ganz Europa.
Einem Fuhrmann aus Bad Liebenstein waren gute Geschäfte holt, und er hatte
die Idee, ein neues Pferd zu kaufen. Stolz brachte er es mit nach Hause.
" Und?" fragte der Nachbar am Stammtisch: " Wie ist das neue
Pferd?"
" Weiß du!" sagte der Fuhrmann: " Es säuft, frißt
und scheißt - aber reiten läßt sich das Pferd nicht!"
" Dann ist es bestimmt aus Mecklenburg?" fragte der Nachbar.
"Stimmt!" sagt der Fuhrmann: "Wo weißt du das denn her?"
" Weiß du," sagt der Nachbar: " Mir geht es genau so! Meine
Frau ist auch aus Mecklenburg."
Ja, so verlebten wir unsere Abende, und die täglichen Behandlungen nahmen
ihren Lauf.
Beim täglichen Sport stählte sich der Körper.
" Aber bitte, meine Damen und Herren!" mahnte der behandelnde Arzt:
" Am Tage Fango, am Abend Tango. So geht es natürlich nicht."
Ich nahm meine Kur ernst, die Tage vergingen. Am Morgen natürlich das Frühstück
in geselliger Runde; danach die Gymnastik, daß die Muskeln so richtig
warm wurden. Dann der Spaziergang.
Bad Liebenstein ist ein typische Thüringer Ort. Schon die Herzöge
von Meiningen wußten die Schönheit des Ortes zu schätzen und
genossen die Kraft der Heilquellen.
Aufgrund einer Mangelwirtschaft in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg und
der folgenden Mißwirtschaft im Osten Deutschland gibt es noch viel zu
richten, aber die Lage des Ortes allein ist schon bezaubernd. Am Südhang
gelegen ist das Klima recht mild und gibt das gewisse Reizklima eines Kurortes
wieder.
Die Häuser, teilweise schon mehr als hundert Jahre alt, untersetzt von
Alt- und Umbauten sowie Neubauten schmiegen sich bizarr in das kleine Tal. Stolz
steht das Posthaus, ein altes Fachwerkhaus, an der ehemaligen Handelsstraße
und kündet von besseren Zeiten.
Daneben das Kurmittelhaus und das Theater sowie der Kurpavillon.
Wenn es die Zeit erlaubt, sollte sich der Leser die Zeit nehmen und dem kleinen
Ort einen Besuch abstatten. Es ist eine Fahrt in die Geschichte und in die Gegenwart
zugleich.
Unweit des Ortes zieht sich der legendäre Rennsteig, ein Höhenweg
des Thüringer Waldes, 168 Km lang, vom Oberlauf der Saale ( Saale-Orla-Kreis)
bis hin zum Mittellauf der Werra bei Hörschel, einem Ort im Wartburgkreis.
Die Attraktion Thüringens überhaupt!
Bald aber wird sich auch Bad Liebenstein in seiner vollendeten Schönheit
zeigen, wenn die Reste des Verfalles beseitigt sind.
Aber zurück zu meinem Kuraufenthalt.
Am Nachmittag generelles Schwimmen im Pool! Alle Körperfunktionen kehren
zurück, die Muskeln dehnen sich, die Gelenkigkeit wird geschult.
"Da müssen wir noch viel tun!" mahnt die Therapeutin. Schwere
Gewichte werden bewegt, der Atem wird heftig und Arme und Beine werden dabei
schwer.
Und dann kommt die Sauna mit ihrer wohltuenden Wirkung. Ein Kilo Wasser ist
schnell dahin geflossen. Das Publikum ist gemischt, so kommt schnell Freude
auf. Kleine Witze werden erzählt, Geschichten vom letzten Badeurlaub auf
Hiddensee kommen gut bei den Zuhörern und Hörerinnen an. "Wie
war das mit der Nachbarin von der Dünen nebenan?"
"Sie legte sich stets, die Beine leicht gespreizt, in Richtung Sonne splitternackt
in den Sand, um rundum schön braun zu werden!
Am Nachmittag war es am schönsten. Dann stand die Sonne nämlich hinter
meinem Liegeplatz!" Die Frivolität wird angenommen, Frau und Mann
rücken ein Stückchen näher zusammen. Man kennt sich inzwischen.
Die Marlies stammt aus Bremen, Doris aus Bernburg und Jacques aus Erfurt. Selbst
einen Nikolai aus Sorgut im fernen Sibirien weilt unter uns!
Die Runde ist komplett.
Am Abend sitzen wir gemeinsam beim Schoppen Wein und lernen uns gut verstehen.
Jeder erzählt natürlich seine Geschichte. Die Zeit vergeht wie im
Fluge!
War da noch etwas? Gedanken an die Jugendzeit kehren ins Gedächtnis zurück.
Wie oft war der Geist willig, aber das Fleisch wart schwach.
Doris, Dozentin der Betriebswirtschaft, erzählt viel von den jungen Menschen,
die sie ausbildet, und ihre Geschichten.
Gott sei Dank geht der Ausgang bis 22.30 Uhr. Stundenlang könnte ich ihr
zuhören.
Auch dieser Abend neigt sich seinem Ende entgegen. Die Nachtruhe ist Pflicht!
Wie viele Nächte hatte ich in meiner Jugendzeit nicht geschlafen und in
der Auswertung der letzten Nacht voller Temperament alles andere um mich herum
völlig vergessen.
Irgend etwas war da! Sollte ich etwa verliebt sein, verliebt in Doris? Sie war
schon mein Typ!
Aber wir bleiben vernünftig und werden gute Freunde. Nicht alles muß
im Bett geklärt werden, wenn auch der Gedanke daran angenehm ist.
Wie wird es wohl Doris gehen? Wird sie schon schlafen?
So vergehen die Stunden, die Tage, die Wochen. Wieder ist ein Ziel erreicht.
Bald wird die Frau vor der Tür stehen und mich abholen.
Das letzte Frühstück wird eingenommen. Der Abschied ist da, und plötzlich
sitzt Doris neben mir, umarmt mich herzlich, wünscht mir alles Gute und
schnelle Genesung.
Ich spüre die Sanftheit ihres Körpers und verabschiede mich für
immer von ihr.
Das Frühjahr stand vor der Tür, und ich stieg noch mit den Krücken
in mein kleines Auto und fuhr das erste Mal wieder zur Arbeit.
" Hallo! Da bist du ja wieder," begrüßten mich meine Kollegen.
Das Miteinander war herzlich aufgeschlossen. Ich setze mich an meinen Arbeitsplatz
und schlug in die Tasten.
Es hatte sich in meine Abwesenheit einiges verändert. Die früherer
Gemütlichkeit war einem hektischen Treiben gewichen.
Jetzt wurde dies und jenes mit Automaten geschrieben. Ein Klick und schon ging
es los, wie im Bienenhaus oder soll ich besser sagen Irrenhaus?
Die ganzen hektischen Neuheiten lagen mir nicht! Ich sehnte mich zurück
nach den vielen netten Kundengesprächen, nach dem persönlichen Ablauf,
der sofort eintrat, wenn ich meine Kunden besuchte.
" Sie trinken doch sicher einen Kaffee mit?" wurde ich höflich
gefragt.
Und schon saßen wir gemütlich beieinander und besprachen sachlich
die Details.
" Aber nun ruft die Pflicht! Dann bis zum nächsten Mal; es läuft
soweit alles!" verabschiede ich mich höflich und ernte das dankbare
Lächeln eines zufriedenen Kunden. " Und denken sie bitte daran! Am
Mittwoch früh muß noch der Geldscheinzähler angeschlossen werden,"
wird mir als kleine Erinnerung nachgerufen.
" Wir sehen uns!"
Noch eine dieser neumodischen Redewendungen, die ich eigentlich nie leiden
konnte, lief über meine Lippen. Wie sich die Zeit doch verändert hatte.
Wir selbst waren zu Automaten geworden!
Das wollte und konnte ich nicht begreifen. Ich werte mich dagegen, und doch
lief immer wieder diese eine Begrüßungsformel über meine Lippen:
"Am Apparat ist Herr Lupus; was kann ich für sie tun?"
Wie ich diesen Satz haßte, wie ich mich dagegen wehrte. Stets und immer
freundlich sein und stets und immer angemessen reagieren. Keine Gefühle,
nur der geforderte Ablauf, der Streß. Und ein Gewirr von automatischen
Abläufen!
Einer Maschine gleich saß ich am Computer und setzte die geforderten
Puzzle zusammen. Da blieb plötzlich so viel Persönlichkeit auf der
Strecke.
Automaten gleich versuchte ich cool zu bleiben. Ich unterdrückte all meine
Gefühlsregungen, schöpfte Hoffnung, wenn einmal eine nette Stimme
am Telefon erklang und dies und jenes freundliche Wort gewechselt wurde.
Ich ersehnte täglich den Feierabend herbei. Am Ende des Monats stand der
fällige Lohn, der Salär, der nötig war, um als Mensch leben zu
können.
Meine Kraft reichte längst nicht mehr aus, um all das Negative einfach
verdrängen zu können. Mein Schlaf war unruhig und reichte oft nicht
aus.
Sollte das mein Lebensablauf sein?
Meinen Urlaub verbrachte ich zusammen mit meiner Frau auf einer kleinen Insel
im Atlantik. Wir hatten unsere Silberne Hochzeit gefeiert, und ich nahm mir
vor,
mein Leben grundlegend zu ändern. Es konnte nicht sein, daß ich einem
Automaten gleich meine Arbeit machen mußte.
Nachdem ich mein Arbeit wieder aufgenommen hatte, ging ich die Wege, wie ich
es richtig fand und wie es mich das Leben gelehrt hatte.
Ich ließ alle Automaten schon ihre Arbeit machen, aber machte meinen Job
aus dem Herzen. Meine Kunden begrüßte ich höflich, versuchte
ihre Wünsche sofort zu erfüllen, oder ich leitete alle Maßnahmen
ein, die nötig waren, um die Störungen zu beseitigen. Dabei half mir
meine jahrelange Berufserfahrung sowie der ehemalige direkte Kontakt zu meinen
Kunden. Nun fühlte ich mich wohl.
" Kommen sie bitte zu mir!" hörte ich die Stimme
meines Vorgesetzten am Telefon.
Mich erwartete der Personalleiter zusammen mit meinem Chef!
Für all zu vieles selbständiges Denken wurde ich abgemahnt! Es folgte
eine lange Reihe Verstöße, teilweise an den Haaren herbeigezogen,
die mir schriftlich zum Unterschreiben vorgelegt wurden.
" Lächerlich!" beendete ich einfach die Diskussion, und ich verließ
das Dienstzimmer meines Vorgesetzten, der vom Alter her mein Sohn sein konnte.
Fröhlich setzte ich meine Arbeit fort. Ich beteiligte mich an allen Späßen,
die in meiner Umgebung stattfanden.
In einer öffentlichen Diskussionsseite im Internet brachte
ich meine Späße, meine Gedanken ein.
Immer mehr öffnete ich meine Gedankenwelt und brachte dies auch zu Papier.
Auch anläßlich des Milleniumwechsels im Jahr 2000.
Wenn die Kids sagen, wo es lang geht oder ein Blick auf die Thüringer Berge
ging es mir durch den Kopf. Da war die Inspiration.
In all den Jahren meines bisherigen Lebens habe ich die Höhen und Tiefen
unseres schönen Lebens genossen oder bin schier verzweifelt. Meine erste
große Liebe ging dahin, wie so vielen Beziehungen dieser Zeitepochen.
Meine Trauer war tief und noch heute trage ich Narben dieser Wunden. Siebzehn
Jahre nach der Trennung traf ich sie in Leipzig wieder und mußte feststellen,
daß ich nichts verloren hatte. Nachdem wir wie gewohnt unserer körperlichen
Lust nachgegangen waren, trennten sich unsere Wege diesmal für immer. Sie
war nur einen Auftrag ihrer Partei gefolgt, und hatte mich observiert, weil
ich meine Tante Melanie im kapitalistischem Ausland Bremen besuchen wollte.
Die Narben blieben aber und kneifen oft und zwicken.
Meine zweite Frau aus dem kleinen Ort Gunzenehrichen in Thüringen liebte
mich unendlich und hinterließ mir zwei kleine Kinder im zarten Alter von
drei und zwei Jahren, als sie starb!
Einen Rat kannte ich damals nicht und wär am liebsten den Weg des Sprunges
ins Jenseits gegangen, um meiner Liebsten wieder nahe zu sein.
Allein Gott bewahrte mich vor diesem Schritt und schenkte mir ein neues Leben.
Ich lernte meine Frau Marion kennen.
Zu jener Zeit war ich gerade einmal 28 Jahre jung.
Der Polterabend war sehr schön und die Hochzeit noch schöner. Um Mitternacht
war ich derart trunken, daß ich über nichts mehr nachzudenken hatte
und legte mich zu Bett. Am anderen Morgen war ich glücklich verheiratet!
Meine neue Liebe schmollte; ich fand keinen Rat, all das Negative zu erklären,
und nutzte geschickt den Auftrag Marions´ Freundin nach Hause zu fahren.
Das tat ich dann auch mit viel Freude. Bärbel hatte mich schon am Polterabend
stark beschäftigt.
Da sich meine Frau vorwiegend mit ihren Arbeitskollegen beschäftigte und fröhlich mit allen Männern ihrer Jugendzeit tanzte, hatte ich genug Gelegenheit, mit Bärbel zu flirten. Ihr Haar trug sie blond gefärbt, schulterlang, und wir tanzten, als würden wir uns einen Tag später das JAWORT geben.
Aber all das hatte seine Folgen zwei Tage später. Eigentlich wollten wir
ja nur einen Kaffe zusammen trinken, als wir bei ihr zu Hause angekommen waren.
Ich fand mich wieder in den Armen der Freundin meiner frisch gebackenen Ehefrau.
Heute weiß ich gar nicht mehr, ob es mir peinlich war oder nicht.
Auf alle Fälle kann ich mich noch gut an den langen,leidenschaftlichen
Kuß erinnern. Bärbel hatte wohl noch nicht all zu viel Erfahrung gesammelt.
Ich hatte Mühe, so schnell als möglich in mein Auto zu kommen, um Schlimmes
abzuwenden.
Zu den zwei Kindern, die mir meine verstorbene Frau hinterlassen hatte, kam
neun Monate nach unserer Hochzeit noch ein kleiner Sohn hinzu.
Seine Mutter nannte ihn liebevoll Adrian. Er erbte viele Gene seines Großvaters
und lebt genau so zufrieden wie sein Großvater im Ruhrpott.
Die Jahre vergingen. Wir zogen unsere Kinder groß und gaben uns große
Mühe, sie zu ordentlichen Menschen zu erziehen. Das gelang uns hinreichend,
wenn ich auch zugeben muß, daß schon diese und jene Verwechslungen
zu Tage kam. Es kostete mich, uns, viel Kraft, und als die Kinder endlich groß
waren, waren wir im reifen Alter angekommen. Die Jugend war endgültig Geschichte!
Zu allem Übel kam auch noch eine völlig unerwartete Situation auf
uns zugerollt, vergleichbar einer großen Schneelawine, die kraftvoll alles
zerstört, was sich ihr in den Weg stellt.
Meine Frau und ich hatten im Märchenstaat DDR ordentliche Schulen besucht,
ordentliche Abschlüsse nachzuweisen, und wir standen eigentlich mit beiden
Beinen im Leben. Unseren Elternpflichten waren wir genauso gut nachgekommen,
wie unseren Arbeitspflichten. Nie hätten wir daran gedacht, plötzlich
nicht mehr gebraucht zu werden. Das Wort Arbeitslosigkeit kannten wir nur aus
Geschichtsbüchern! Und plötzlich stand dieses Gespenst leibhaftig
vor uns. Meine liebe Frau, die nun Weißgott immer brav gewesen war und
fleißig gearbeitet hatte, selbst ein Fernstudium zur Betriebswirtin absolviert
hatte, sollte nun gelangweilt zu Hause sitzen und auf den Mann warten, wenn
er gedächte nach Hause zu kommen, weil sie arbeitslos wurde nach vielen
Arbeitsjahren.
Der Typ war ich eigentlich noch nie, aber die Zeit formt auch den besten Menschen
um.
Sollte es nun so werden?
Ich erkannte das sofort und nutzte meine Beziehungen der Umbruchjahre. Frau
Engels von Salamander Schuhmoden mit dunkelrotem Haar aus Winerbertsdorf zeigte
mir den Weg! Wie so oft ließ ich mich von einer klugen Frau beraten. Sie
gab mir ein Geschäftcouvert eines expandierenden Unternehmens in Thüringen,
darin verstauten wir eine gut formulierte Bewerbung meiner lieben Frau als Filialleiterin,
und schon war meine Marion Storemanagerin von immerhin sechs jungen, gut aussehenden
und auch gut gebauten Schuhverkäuferinnen. Sie und auch ich waren glücklich!
Das Geschäft lief gut an, und alles lief wieder seinen gewohnten Gang.
Endlich konnte sie über die Stationen Kassel, Bayreuth ihre kleine Filiale
im kleinen Thüringer Ort Weimar betreten, nachdem ihr junger,
dynamischer Gebietsleiter im zarten Alter von ganzen siebenundzwanzig Jahre
gesagt hatte:
"Na Frau Lupus! Dann wollen wir es einmal mit ihnen probieren!"
Ich reparierte wie schon ganze zwanzig Jahre lang elektronische Geräte
und alles war gut!
War wirklich alles gut?
Die neuen Arbeiten nahmen uns alles! Freizeit gab es maximal zu Urlaubszeiten.
Zu allem kam noch dazu, daß mein Vater gestorben war, und meine Mutter
allein im Elternhaus der Familie zurück blieb. Das war kein Zustand, und
die Entscheidung folgte auf dem Fuße. Nun war ich, waren wir, auch noch
Eigentümer eines alten, verfallenen Bauernhofes! Was allein das für
Nerven kostete, will ich hier wahrlich nicht darstellen. Ganze acht Jahre verstrichen,
das alte Haus wurde wieder jung, unsere Kinder wurden erwachsen, und wir - wir
waren alt geworden.
Marion kam nach täglichem Arbeitseinsatz von zehn und mehr Stunden oft
total abgespannt nach Hause. Die Kommunikation kommt spärlich zustande,
manchmal gar nicht.
Es gibt all zu viele dumme Menschen, die den Sinn der Gemeinsamkeit total verloren
haben.
Ein Paar Schuhe für 9,99 DM wird zwei Tage später reklamiert, weil
Farbmängel vorhanden sind oder eine kleine Lasche geknickt ist. Das kostet
alle Kraft!
Ein Fleischermeister aus Behren sagte einmal: " Da kommen doch Kunden
und verlangen 100 g Jagdwurst in feinen Scheiben geschnitten, und verlangen
noch als Großkunden behandelt zu werden!"
Die Zeiten haben sich wirklich total verändert. Meines Erachtens ist die Welt verrückt geworden!
Mein Job macht mir Spaß, die Gesundheit spielt aber nicht mit. Ich flüchte
mich in eine Nische, die mir das Leben zeigt. Ich werde Supporter für Bürosysteme!
Am Bildschirmarbeitsplatz unterstützte ich meine Kunden, Techniker des
Außendienstes, und ich muß viele Unsachlichkeiten intern und extern
regelrecht verdauen. Intern und extern?
Intern von der NEW GENERATION, die jung und dynamisch ist und schnell die Gesetze
der Ellenbogengesellschaft lernte, extern von Kunden, die einen ganzen Markt
leiten, aber nicht wissen mit welchen Geräten sie arbeiten oder wo sie
ihren Schlüssel für das Diskettenfach hingelegt haben.
Mich umgab überhaupt eine sonderbare Welt.
Um mich herum arbeiteten selbstbewußte Kids, die inzwischen erwachsen
geworden waren, hochintelligent und selbstbewußt!
" Du Arschloch, du dummes Schwein!" wurde ich angeschrieen. "
Der dreht doch durch!" sagte ein anderer.
Dabei hatte ich doch nur festgestellt, daß ich immerhin 30 Jahre lang
pünktlich zu meiner Arbeit gegangen war und meine Arbeit stets gemacht
hatte.
Respekt die Damen und Herren der New Generation!
Aber alles Abwehren, Ermahnen, Erläutern machte keinen Sinn. Es brachte
letztlich auch nichts anderes!
Aristoteles sagte vor 2000 Jahren:
" Die Jugend ist vorlaut, schlingt die Speisen in sich herein, tritt selbstbewußt auf, ist anmaßend und Besitz ergreifend!"
Stimmt das auch heute noch?
Oder sind wir Alten die Besessenen, die ewig Gestrigen, die nicht begreifen?
Unser Bürohaus steht im Südwesten der Stadt. Die Sicht erlaubt einen schönen Ausblick auf die Thüringer Berge. Mittendrin der Inselsberg, den ich als junger Mann viele Male bestieg. Einen Wettlauf mit meiner Tochter Manja konnte ich stets und immer trotzen und ebenbürtig den Aufstieg gehen.
Diese Zeiten waren aber endgültig ein für alle mal vorüber!
Ich nahm mir einen Zigarillo, steckte diesen genußvoll an und genieße
den Blick auf den Inselsberg, den großen Beerberg, den Schneekopf, eben
auf die Thüringer Berge. Es ist die Erinnerung an jene Tage, als ich ebenbürtig
den Aufstieg mit der New Generation schaffte. Willkommen im neuen Millennium!
Das Jahr 2000 stand vor der Tür! Der Jahrtausendwechsel inspirierte mich weiter und dazu fielen mir weiter Worte ein, die ich in der Geschichte
Das Privileg verewigte.
So ein Bürohaus ist meines Erachtens sehr häßlich.
Treppengänge gibt es nur als Notsteige, die Autos werden in der Tiefgarage
in regelrechten Kassetten abgeparkt oder wild in das Umfeld des Bürohauses
gestellt, und wir Menschen selbst fügen uns früher oder später
in dieses Bild ausnahmslos ein. Was tut man nicht alles für den Lebensunterhalt.
Ganze dreißig Jahre hatte ich meinen Job im Technischen Außendienst gefrönt. In drei Jahrzehnten hatte ich nach meinem Studium EDV Anlagen repariert, eine Familie gegründet, zusammen mit meiner lieben Frau drei Kinder groß gezogen. Sogar eine Revolution durfte ich in unserem Deutschland miterleben. Kurz ausgedrückt: Ich war stets und immer sehr glücklich gewesen von diesen oder jenen Verwechslungen, die das Leben nun einmal produziert, abgesehen.
Als junger Mann war ich dem Fußballspiel regelrecht verfallen. Meine
ganze Freizeit verbrachte ich damit, Winner oder Looser zu sein, die Siege mit
den Spielgefährten zu feiern oder die Niederlagen würdig auch beim
Glas Bier zu Grabe zu tragen. Ein Trainingsunfall beendete mein Hobby. Seitdem
spiele ich gern eine Partie Schach. Selbst eine Abteilung SCHACH baute ich in
unserem Sportverein auf mit den Möglichkeiten, die ein Kreisligaclub nun
einmal zu bieten hat.
Der Zahn der Zeit nagte aber an meiner Gesundheit. Fast ein ganzes Jahrzehnt
plagte mich eine Coxarthrose und brachte mich an den Rand eines Nervenzusammenbruches.
Durch die sanfte Revolution in Ostdeutschland hatte sich besonders in meinem Arbeitsleben viel verändert. Die Techniken, die ich bisher betreute, gab es nicht mehr. Die PC Service AG baute ein Serviceunternehmen auf, dem ich seit 1991 angehöre. Jetzt reparierte ich vor allem Datenendplätze; Workstation sagt das Marketing!
Mit anfänglichen Blessuren und dem üblichen Durcheinander, bedingt
durch die Gründerzeit im Unternehmen, faßte ich Fuß. Mangelhaftes
Management hatte vieles schwerer werden lassen, als es möglich gewesen
wäre. Aber die PC Service AG erkannte die Schwächen, schickte Berater
und schaffte Lösungen. Ich profitierte davon. Drei Jahre verbrachte ich
in der Niederlassung Behren der PC Service AG Deutschland, lernte alle Systeme
kennen, und ich hatte endlich ein Management, das seinen Job verstand. Ich stand
auf wie Phönix aus der Asche! Keine Minute möchte ich missen. Ich
stand meinen Mann, und die Arbeit machte wieder viel Spaß. Da war aber
dieser ewige Schmerz der Coxarthrose! Besonders bei umfassenden Installationen,
ich installierte insgesamt in Thüringen dreizehn Märkte mit PC- Systemen
der Service AG, hatte ich da so meine Probleme. Da half alles Händeschütteln
und Anerkennung nichts am Tag der Eröffnung. Der Schmerz der Coxarthrose
wurde immer unerträglicher! Auch paßte ich nicht mehr ins das Bild
"Jung und Dynamisch"! Eine junge Kundin sagte einst zu mir: "
Sie kommen an wie Charlie Chaplin!" Das konnte ich Ihr gar nicht übel
nehmen, da es ja schließlich so war. Mein Gang glich dem von Charlie Chaplin.
In Behren hatte die PC Service AG ein neues Serviceunternehmen mit Namen Phoneline
gegründet. Vor allem junge Menschen mit einer hohen Intelligenz fanden
hier wieder einen angemessenen Arbeitsplatz.
Die Niederlassung Behren unter Leitung eines erfahrenen Topmanagers bekam die
Auflage für die neue Struktur Bürosysteme der Phoneline einen Spezialisten
abzustellen. Vorgesehen war ein Teampartner des Technischen Außendienstes!
Mit viel Geschick konnte ich meinen Manager davon überzeugen, mich zu delegieren.
Zugute kam mir dabei, daß mein Teampartner lieber im Technischen Außendienst
frönt. Das hätte ich auch gern beibehalten, aber irgendwann sollte
man schon was für die eigene Gesundheit tun. Der neue Job wurde zum nächsten
Traumziel meines Lebens! Endlich war ich die körperlichen Belastungen los
und konnte meinen neuen Job am Bildschirmarbeitsplatz im Drehsessel machen.
In der Phoneline arbeiten inzwischen nahezu 1000 Leute! Besonders der Parkplatzsituation
um das Bürohaus herum ist das gut abzulesen. Was das Parken in der Tiefgarage
angeht, existiert ein Gewohnheitsrecht: Wer zuerst da ist, malt zuerst! Natürlich
sind alle Gründungsmitglieder der Phoneline die Winner; privilegiert mit
einer Parkkarte parken sie völlig selbstverständlich ihr Auto in der
Tiefgarage. Alle Angestellten, die später eingestellt wurden, sind vorerst
die Looser, was Parkplätze angeht. Wild stehen ihre Autos um das Bürohaus
herum verstreut, hin und wieder mit einem Knöllchen versehen.
Im Leben ist es immer so: Die Privilegierten genießen ihre Rechte, die
Dummen bleiben die Dummen! Das ist nicht nur beim aufgezeigten Thema so.
Ich gehöre zu den Winnern! Zwar später in der Phoneline Behren arbeitend,
hatte ich doch das Privileg, eine Parkkarte zu bekommen. Meine Gehbehinderung
räumte mir dieses Privileg ein.
Ich beende täglich meine Arbeit am Feierabend, fahre mit dem Fahrstuhl
in die Tiefgarage, und ich habe ein interessantes Gespräch!
Neben mir steht ein junger Mann. Ich schätze Ihn auf circa 22 Jahre Alter.
Er drückt Erdgeschoß, ich drücke Tiefgarage.
" Wieder ein Priviligierter!"sagt er freundlich.
Wie gern würde ich mein Privileg eintauschen gegen meine gelebten drei
Jahrzehnte, in denen ich nun mal älter geworden war; eintauschen gegen
seine Jugend, seine Gesundheit und die Möglichkeiten, die die neue Zeit
nun mal mit sich gebracht hatte!
Vielleicht wäre ich ein Looser oder ein Winner.
Ich gehörte vorerst zu den Winnern, wenn ich auch als Ostdeutscher automatisch zweitklassig war. Nicht alle Wünsche konnte ich mir erfüllen, aber die fachliche Arbeit machte mir Spaß, gab mir die nötige Selbstbestätigung und stets war ich auf der Suche nach dem rettenden Ufer. Stets war ich auf den Weg, meine innere Ausgeglichenheit zu finden.
Das kleine Familienglück zu Hause gab mir die Kraft positiv zu denken und glücklich weiter zu leben.
Die Zweitklassigkeit des Ossilebens wurmte mich aber! Immer wieder erkannte ich, daß ich Großes für einen schlechten Salair leisten mußte. Es wurmte mich, daß unfähige Leute einfach nicht dazu in der Lage waren, Ordnung zu schaffen. Es wurmte mich, daß mein Alter schon derart fortgeschritten war und mir alle Perspektiven verbaute. Oft laß ich Gedichte von Eugen Roth, die mir die Gegenwart vor Augen hielten, obwohl er die Gedichte zur Jahrhundertwende schrieb.
Unter anderem sagt Eugen Roth:
Der Fortschritt
"Ein Mensch liest staunend, fast entsetzt,
Daß die moderne Technik jetzt
Den Raum, die Zeit total besiegt:
Zwei Stunden man nach London fliegt.
Der Fortschritt herrscht in aller Welt.
Jedoch, der Mensch besitzt kein Geld.
Für ihn liegt London grad so weit,
wie in der guten, alten Zeit!"
Wie in der guten alten Zeit? Wo war sie geblieben!
Eugen Roth hatte diese Zeilen geschrieben, als der Fortschritt es ermöglichte,
innerhalb kurzer Zeit mit dem Flugzeug über den Ärmelkanal von Paris
nach London zu fliegen, aber viele Menschen nicht das Geld hatten, um diesen
Fortschritt auch genießen zu können.
Ich las die Zeilen als ehemaliger Ostdeutscher, der für gleiche Arbeit
weit aus weniger verdiente, als meine Kollegen in Wiesbaden oder München.
" Das Gedicht sollte - Für Ossis - heißen," dachte ich mir und setzte es ins Internet
Wieder bekam ich eine Einladung meines Chefs und hörte harte Worte:
" Unterlassen sie bitte ihre Veröffentlichungen im Internet! Ich ermahne
sie zum letzten Mal.Sollten sie sich nicht ändern, muß ich sie entlassen."
Klare Worte, die sehr verständlich ausgesprochen waren!
In diesem Moment verließ ich in Gedanken meinen Arbeitsplatz.
Nun doch zu einem Automaten geworden machte ich Tag für Tag meine Arbeit. Um
mich herum setzte eine förmliche Zerstörung ein. Gereizt reagierte
ich zu Hause und am Arbeitsplatz, und ich ging den letzten Weg zum Büro
meines Chefs, in die Tiefgarage und verließ für immer meinen Arbeitsplatz,
den ich mir selbst ausgesucht hatte.
Wie ein alter Hund, der keinen Biß mehr hat, wurde ich vor die Tür gesetzt!
Vor langer Zeit hatte ich eine Großmutter, die uns Kindern
sehr oft deutsche Sagen und Märchen erzählte.
Eines meiner Lieblingsmärchen war das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten,
die auszogen, um ihr Glück zu finden...
Märchen werden wahr! |
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Nachwort:
Aufträge an Supervisoren beginnen mit Geschichten wie diesen!
" ...sie wollen in ihrem Betrieb eine Reorganisation durchführen. Umstrukturierungen sollen Arbeitsprozesse vereinfachen und die Effizienz steigern. Schon erste Gerüchte um anstehende Veränderungen provozieren eine angstvolle Atmosphäre. Im weiteren Verlauf kommt es zu heftigen Konflikten, bestehende Fronten verhärten sich und viele gute Ideen bleiben auf der Strecke.
Man kann sich nur wundern!Seit Jahren landet das gleiche Problem regelmäßig auf der Tagesordnung. Und kaum scheint es gelöst, belastet es schon wieder die Kommunikation. Wie lange läßt sich das noch aushalten.
In ihrem Betrieb ist die Hölle los. Ganze Abteilungen haben sich verfeindet, geschätzte Mitarbeiter/ -innen sprechen nicht mehr miteinander und behindern sich gegenseitig bei der Arbeit. In Besprechungen geht es dann hoch her, gegenseitige Beschimpfungen und Schuldzuschreibungen führen noch mehr in die Misere, bis ein Machtwort des Chefs bis zum nächsten Mal die Wogen glättet.
Sie fühlen sich in ihrer neuen Position häufig überfordert, müssen aber ihre Frau/ihren Mann stehen. Durchhalten und Flagge zeigen heißt die Devise, aber immer wieder scheinen Mitarbeiter und Vorgesetzte ihre echten Gefühle zu ahnen. Da heißt es noch mehr auf der Hut zu sein und der Druck wird größer.
Irgendwie ist der Dampf raus. Der Pioniergeist der ersten Jahre ist verflogen und hat einer lähmenden Alltagsroutine Platz gemacht. Visionen fehlen, gelacht wird wenig ("was gibt es hier noch zu lachen?") und schon spricht man darüber, ob die Suche nach einem neuen Job nicht zweckmäßiger wäre...."
Human Capital und sein Stellenwert
In Krisenzeiten merkt man, dass Kapital ganz schnell wieder verschwinden kann.
Dann sollte wenigstens das Humankapital gepflegt werden. Mitarbeiter sind diejenigen, die das Kapital am Laufen halten. Kapital bringt Bewegung, aber Mitarbeiter bringen Innovation.Es ist nötig, Humankapital auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten anzuerkennen Gewinnung und Weiterentwicklung des Humankapitals ist entscheidend für das Überleben eines Unternehmens
und deshalb nicht als Kostenfaktor, sondern als Investition in die Zukunft zu bewerten.Humankapital besteht aus
Intellektueller Leistung:
Expertenwissen, Kreativität,
Organisation Motivationaler Leistung:
Leistungsbereitschaft, Arbeitsklima,
Zufriedenheit, Gesundheit Integrativer Leistung:
Führung, Integrität, Kooperation,
LoyalitätGängige Messmethoden, wie z. B. die Balanced Scorecard messen den Wertbeitrag einzelner Menschen,
wobei hier jedoch die Vernetztheit und die Wertigkeit des Teams unberücksichtigt bleibt.Mitarbeiterorientierte Personalpolitik ist hauptsächlich eine Frage der Unternehmens- oder Führungskultur. Die meisten Unternehmen sind stark hierarchisch strukturiert. Jeder arbeitet, plant, koordiniert für sich, da kann kein Klima des Vertrauens, der Offenheit, Kritikfähigkeit und Eigenverantwortung entstehen.
Human-Capital-Konzepte und Strategien bedeuten die Bereitschaft zum Dialog. Außerdem zählt zu innovativen Personalkonzepten die verstärkte Einbindung von Frauen in Führungspositionen.
Einige Firmen nutzen die Krise als Chance in dem sie z.B. die Akquise verdreifachen, Änderungen in der Geschäftsstrategie vornehmen, wie z.B. Konzentration auf die Kernkompetenzen des Unternehmens oder die Entwicklung neuer Services.
Statt Entlassungen nutzen sie die Möglichkeit der Kurzarbeit, Überstundenabbau oder flexiblere Arbeitszeitmodelle.
Studien haben ergeben, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit am Ende billiger war als die Entlassungen.Auch in Krisenzeiten muß den Unternehmen bewußt sein, dass gut ausgebildete Mitarbeiter wertvolles Kapital sind, die man nicht einfach wegrationalisiert.
Sobald die Konjunktur kriselt reagieren viele Unternehmen mit dem Abbau von Stellen.
Neben den Abfindungen, um den Mitarbeiter zu entlassen kommen später die Kosten für die Wiederbesetzung der vakanten Stellen.
Was die Akquisition eines neuen Mitarbeiters kostet ist bekannt und was der Mitarbeiter dann selbst am Arbeitsplatz kostet, kann aus seinen Lohn- und den Nebenkosten errechnet werden. Vertriebsleute können am Umsatz gemessen werden, was jedoch bei Entwicklungsingenieuren, Personalmitarbeitern oder im Marketing schwierig ist.
Die Bilanz kennt die Mitarbeiter nur als Kostenpunkt und bei kritischer wirtschaftlicher Situation müssen diese Kosten eingespart werden.
Zu diesen Restrukturierungskosten sind geringere Innovationskraft, Know-how-Verlust, geringere Produktivität, die in der Folge entstehende ungünstige Altersstruktur der Belegschaft oder Imageschäden hinzuzuaddieren.Meinungsforscher sind sich einig, dass die Motivation der Menschen am Boden ist, Unzufriedenheit
durch eine alte Hauruck-Führung, die Leistungsträger verunsichert sind, Erfindungen und Innovationen sich auf dem Rückzug befinden, psychophysische Erkrankungen zunehmen, Vorbilder im Management wegbrechen durch schlechte Beispiele von Selbstbedienung und Betrug auf manchen Chefetagen.
Im November 2001 wurde der Human Capital Club e.V. gegründet mit der Vision, dass Manager nicht nur am Geschäftserfolg gemessen werden, sondern in Zukunft auch an der Steigerung des Humankapitals, dann werden sie sich mehr für eine mitarbeiterorientierte Personalführung einsetzen.Noch gibt es positive Beispiele, wie das Opelwerk in Eisenach, wo das Management seine Mitarbeiter einbezieht und deren gute Mitarbeit sich nicht nur im täglichen Dienst, sondern in einem aktiven Neuererwesen widerspiegelt, das dem Unternehmen und schließlich allen Erfolg bringt.